Morkaarun - Land der Schatten

Lacrima musste trotz Wind lächeln.

Nein! Nein, hab ich noch nicht! Wieso?,

rief sie ebenfalls laut und hielt problemlos mit Mieron mit.
Ja, hier gefiel es ihr um einiges besser als bei den Menschen, bis auf die tödlichen Wesen, auf die verzichtete sie gerne.
Die Sonne tat ihr nichts, man konnte so leben wie ein richtiges Wesen halt und musste nicht immer mit sich ringen wenn man Blut roch.

Nur so...

wieder schlich sich ein hämisches Grinsen auf Mierons Lippen und er bremste scharf ab. Nun stand er vor dem ersten Flusszweig des Nanuak, Mieron vermied es in den Bach hinein zu sehen und schaute sich stattdessen nach Lacrima um.

Lacrima beäugte Mieron misstrauisch, rannte dennoch weiter. Es wird schon richtig sein, was er tut.
Als Mieron stehen blieb, blieb sie es auch. Ihr Blick fiel auf Mieron, und ihr Gesichtsausdruck wies Verwunderung auf.

Ja, und was sollen wir jetzt hier?

Vorsichtig stellte sie sich genau neben Mieron. Sie blickte sich um, konnte aber nichts sehen außer den Fluss vor ihnen.

Komm mit...

meinte Mieron nüchtern. Und stapfte an dem Fluss entlang, wieder in langsamerer Geschwindigkeit. Sein Blick war auf den Horizont gerichtet, auch wenn er gerne einen Blick auf den Fluss werfen würde, er wollte Lacrima nicht erschrecken, aber wenn sie dorthin wollten, worauf er zusteuerte, mussten sie hier entlang.
Also lief er neben dem Fluss her, ohne die Augen auf ihn zu richten, und achtete darauf, dass er keine Spiegelung warf.

Lacrima ging ohne zu zögern hinter Mieron her und schaute immer mal wieder zum Fluss, zu Mieron oder in die Richtung aus der sie gerade gekommen waren.
Ihr fiel auf das Mieron bis jetzt nicht ein einziges mal zum Fluss geschaut hatte, was sie etwas unruhig machte.
Mit ein paar großen Schritten hatte sie Mieron eingeholt und ging nun neben ihm.
Sir wusste nicht sorecht was sie sagen sollte, also blieb sie einfach stumm und ging weiter.

Mieron ging stumm neben Lacrima her und ließ den Blick zu ihr schweifen. Dabei konzentrierte er sich auf ihre Gesichtszüge, die sich vor dem dunklen Horizont leicht abzeichneten. Er lächelte unbestimmt und legte den Arm um sie, immer noch darauf bedacht nicht in den Fluss zu sehen.

Wie viel weißt du eigentlich über Morkaarun?

fragte er.

Naja, ich bin zwar schon länger hier, aber ich weiß kaum was direkt darüber.
Eigentlich nur das hier nicht besonders freundschftlich gesinnte Tierchen rumlaufen und das es die Schattenwelt ist. Ich hab mir eigentlich nie so richtig Gedanken darüber gemacht und hab mich auch nie sonderlich hierfür interessiert. Eigentlich dachte ich ja auch das ich weiterhin in der Menschenwelt bleibe...

Lacrima rückte etwas näher an Mieron heran, und lächelte.
Sie wusste wirklich fast nichts über diesen Ort.

Und du? Wieviel weißt du über das Ganze hier?

Vermutlich mehr als jeder andere...

Mieron lächelte traurig. Die Vampirin hoffte, dass sie wieder zurückkonnte, zurück zu den Menschen... wenn das so einfach wäre...
Beinahe hätte Mieron laut aufgelacht, doch er hielt sich zurück. Vielleicht konnte sie ja zurück... vielleicht... aber eher nicht, jeder, der Morkaarun betrat kam entweder um, oder war auf ewig hier gefangen. Zwar war das bei Schattenkämpfern anders, aber trotzdem, es gab nur eine Art von Wesen, die problemlos zwischen den Welten wechseln konnten, besser gesagt zwei... erstens: Schatten und zweitens: Dämonen, die vollkommen besitz von einem Körper übernommen hatten...

Wieso denn? Wieso weißt du mehr als alle anderen?

Lacrima betrachtete Mieron zögernd. Er sah traurig aus, auch ein wenig enttäuscht wie sie fand.

Was ist denn?,

fragte sie leise und lehnte behutsam ihren Kopf an Mierons Arm. Sie mochte es nicht wenn er traurig oder verärgert war. Am liebsten hätte sie es wenn er immer lächeln oder lachen würde. Aber das konnte ja noch nicht mal sie.

Weil ich dieses Land schon lange kenne... länger als mir lieb ist...

meinte Mieron und seufzte Auf die frage, was los sei, antwortete er nicht. MIerons Blick schweifte kurz zum dunklen Wasser des ersten Flusses und er schrack zusammen.
Die Lichtdämonin sah ihn aus toten Augen heraus an. Sie war tot? Sie war tot?!
Schnell wandte Mieron den Blick wieder ab und betete, dass Lacrima nichts bemerkt hatte. Wenn sich seine Augen in dem Wasser spiegelten, dann sah man die Seele, die in dem Fluss weiterexistierte.

Lacrima sagte nichts mehr dazu. Es war wohl nicht recht für Mieron darüber zu reden.
Sie erschrak einwenig als Mieron kurz zusammen schrak, wusste aber nicht wieso.
Etwas unsicher schaute sie sich um, sah aber immer noch nichts.

Was war denn los?,

fragte sie verwundert und blieb kurz stehen.

Nichts...

meinte Mieron, seine Stimme hatte wieder einen leicht verbitterten, abweisenden Ton. Er hatte sich mit der Lichtdämonin nie verstanden, um genau zu sein hatte er sie gehasst, aber er wollte sie nicht tot sehen, zumindest nicht, wenn er sie nicht selbst umgebracht hatte. Mierons Blick schweifte noch einmal zu dem Fluss und einen Augenblick lang betrachtete er die Lichtdämonin, die ihm aus toten Augen entgegen sah.
Mieron beschleunigte seine Schritte und bog auf eine Ebene ab, um den Fluss nicht mehr zu sehen.
Deshalb waren es, seit sich die Tore wieder geöffnet hatten, sieben Flüsse...

Naja, wenn du meinst,

Lacrima nahm Mierons Arm von ihrer Hüfte weg, auch wenn es ihr etwas widerstrebte und lief los. Nur ein kleines Stück, aber weit genug um Mieron nicht mehr zu sehen. Sie hoffte er würde es ihr nicht übel nehmen und sie war auch nicht wütend auf ihn, nur war es jetzt mal SIE die alleine sein wollte.
Schließlich bremste sie ihr Tempo ab und ging ein Stück alleine weiter, auch wenn sie nicht sorecht wusste wohin eigentlich.

Mieron ließ die Vampirin ziehen, wenn auch nur wiederwillig. Er ließ sich in das sumpfige Gras sinken und stützte den Kopf in die Hände. Er blendete seine Gedanken aus. Alles über den Schatten, Nékan... auch wenn es sein konnte, dass sie ein und dieselbe Person waren... und die Lichtdämonin...
Er schloss die Augen und verfiel in einen leichten Dämmerzustand. Er schlief nicht... das konnte er ja auch gar nicht... er lehnte sich zurück und verschrenkte die Arme hinter dem Kopf.

Lacrima ging noch ein Stück weiter und summte vor sich hin.
Irgendwie... war es zuviel auf einmal. Normalerweise redete sie gerne, aber meistens redete sie über schwachsinniges Zeug aus der Menschenwelt. Fast nie, hatte sie mit jemanden über Schatten und sonstigen Kram geredet.
Noch dazu kam das sie einen Dämonen kennen gelernt hatte, den sie wirklich mochte, ihr aber immer wieder ein Rätsel ist.
Und dann war sie hier gelandet. Hier, in diesem Land für Wesen.
Was konnte noch alles passieren?!
Wütend knurrte sie vor sich hin. Lacrima bemerkte erst jetzt das sie ziemlich weit gegangen war. Verwirrt blieb sie stehen.

Mieron starrte in den Himmel. Sein Blick war auf den schwarzen Nachthimmel gerichtet, als plötzlich ein kalter Nebel aufzog, der um seine Haut spielte. Mieron beachtete die Nebelschwaden zuerst gar nicht, doch als ihn noch ein kalter Finger des Nebels schtreifte lenckte den Blick zur Seite. Zuerst hatte er gewöhnlichen, grauen Nebel erwartet, doch seine Augen weiteten sich. Der Nebel war blutrot. Er waberte immer höher, seine äustersten Schwaden schienen bereits den Nachthimmel zu berühren, als plötzlich ein grelles Licht aus der Dunkelheit brach. Wie Nordlichter tanzten die Leuchtenden Kegel über den schwarzen Horizont.
Mieron erschauderte, als der Nebel sich verdichtete. Er sah nicht nur aus wie Blut... es roch auch so...

Lacrima!

rief Mieron über den Nebel hinweg, er konnte die Vampirin nicht wahrnehmen und auch nicht sehen.

Lacrima hatte sich schon soweit entspannt und lag am Boden. Ihre Gedanken kreisten sodass sie weder den Nebel noch den Geruch von ihm wahrnahm.
Sie schloss die Augen und atmete tief aus. Alle Muskeln entspannten sich langsam und Lacrima lächelte leicht vor sich hin.
Plötzlich hörte sie Mieron ihren Namen rufen und mit einem Mal war alle Entspanntheit dahin. Erschrocken sprang sie auf die Füße. Da roch sie auch den unverkennbaren Geruch von Blut.... Blut?!
Lacrima ging ein paar Schritte vorwärts. Mieron war nirgends zu sehen.

Mieron wo bist du?!,

schrie sie, und versuchte nicht die Fassung aufgrund des Geruches zu verlieren.

Mieron ging durch den Nebel, bis er Lacrimas Silhouette erkannte. Er trat neben sie und legte ihr die Hand auf die Schulter.

Alles gut...

log er und zog sie zu sich. Wachsam behielt er alles um sich im Blick und ließ seine Augen durch den Nebel schweifen, er konnte jedoch nichts erkennen.
Der Nebel zog sich immer dichter und auch der Blutgeruch wurde immer stärker. Doch es war eindeutig der Geruch von magischem Blut.
Mierons Fänge verlängerten sich und sofort rückte er weg von Lacrima. Er hielt den Atem an und rückte noch weiter ab.

Tut mir leid...

nuschelte er.

Lacrima schluckte. Sie war aufgewühlt, aufgrund des Geruches. Ob es nun magisch oder menschlich war.... es war einfach Blut.
Als Mieron bei ihr stand, entspannte und sie sich, doch als er weg trat merkte sie das es eigentlich nicht richtig war sich zu entspannen. Sofort zuckte sie zusammen und spannte alle Muskeln automatisch an.
Nocheinmal schluckte sie laut.

Ist... schon gut,

brachte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Erschrocken und verärgert sah sie sich um.

Was... ist .. das?

Ich weiß es nicht...

erneut log er, auch wenn er sich nicht sicher war. Er wollte die Vampirin nicht unnütz beunruhigen. Er ließ seinen zuckenden Blick erneut durch den Nebel schweifen, erkannte nun jedoch nur noch rot. So als wäre er im Blutrausch gefangen.
Mieron sah wieder zu Lacrima und ließ seinen Blick über sie schweifen. Ruckartig schüttelte er den Kopf und verschaffte sich wieder klare Gedanken.

Es geht vorbei...

Bist du dir da ganz sicher?

Lacrima fuchtelte mit der Hand durch den Nebel, so als könne sie ihn vertreiben.

Ich glaube eher nicht.... Das ist doch kein normaler Nebel... Ich meine noch nicht mal für hier!

Entsetzt wanderte sie einige Schritte im Kreis, als sei sie verrückt geworden, blieb dann stehen und schaute sich erneut um. Nichts zu sehen, außer die Farbe Rot. Rot wie Blut. Blut!
Erneut schüttelte sie sich. Nein, es war nicht richtig jetzt schwach zu werden.

Und was machen wir jetzt? Weglaufen geht schlecht und hier bleiben ist Selbstmord für mich... uns.

Mieron überlegte kurz, dann meinte er:

Geh!

Sein Blick shweifte durch den Nebel und er erkannte einen Baum. Mit einem Satz saß er auf der Spitze und blickte über den Nebel. In der Ferne sah er die steil abfallende Seite des Delinû und in der Nähe des Wasserfalls stand eine Silhouette.

Dachte ich es doch!

knurrte er und verwandelte sich in einen Adler. Er packte Lacrima an den Armen, da er wusste, dass es sinnlos war zu glauben, dass sie irgendwie hier heraus kommen könnte.
Er steuerte direkt auf den Berg zu.

Als Mieron sagte das sie gehen sollte, schüttelte sie kräftig mit dem Kopf.
Nein, sie wäre ganz bestimmt nicht gegangen, auch wenn Mieron sie wahrscheinlich irgendwie dazu gezwungen hätte.
Aber jetzt, wo Mieron sie in Gestalt eines Adlers gepackt hatte und sie wohl dorthin trug wo die Person stand, die Lacrima mittlerweile ebenfalls sehen konnte, musste sie anscheinend doch nicht weg gehen. Etwas eingeschüchtert, da es ein ungewöhnlicher Transport war, und doch fasziniert hielt sie einfach still und sagte nichts, allerdings krallte sie sich an den Adlerbeinen von Mieron fest.

Ich hoffe das ganze endet nicht in einem Blutbad....

Hör zu... egal was passiert... mach nichts Unüberlegtes... Und... mach dir keine Sorgen...

murmelte Mieron. Er steuerte auf die abgeflachte Seite des Delinûs zu und setzte Lacrima auf den langsam strömenden Wassermassen ab. Er flog noch einmal nach oben und umkreiste den Berg einmal um sicher zu stellen, dass sie nicht aus dem Hinterhalt überrascht wurden. Doch durch den Nebel konnte er nichts sehen und selbst wenn... sie hätten so und so keine Chance zu entfliehen...
Mieron landete neben Lacrima. Leichtfüßig setzte er auf dem glatten Fels auf und verwandelte sich in einen Menschen.

Behalte deine Gedanken im Hier und Jetzt und... rufe dir nichts von dem ins Bewussstsein, was bis jetzt hier passiert ist...

meinte er kalt. Damit spielte er vor allem auf den Kuss an.

Lacrima nickte nur stumm und schluckte als Mieron meinte sie solle nichts unüberlegtes tun.
Unüberlegt? Was sollte denn passieren? Keine Sorgen machen? Wieso denn? Was war denn los? Fragen über Fragen kreisten Lacrima im Kopf, doch das hörte schlagartig auf als Mieron zu ihr meinte sie solle sich an nichts geschehenes erinnern.

Ähm... wieso-,

Lacrima brach ab. Es hatte wohl seine Richtigkeit. So gut es geht, versuchte sie sich an nichts mehr zu erinnern. Es gelang ihr natürlich besser als jedem Menschen oder anderen ,,Sterblichen" aber so ganz wollte er vorerst nicht hinhauen, dazu war sie zu aufgebracht.
Nach einigen stillen Momenten und einigem Ein- und Ausatmen ging es schließlich, und zur Bestätigung für Mieron oder sich selbst, nickte sie einmal.