Morkaarun - Land der Schatten

Lacrima musste seltsamerweise ebenfalls anfangen zu lachen.

Tut mir leid,

brachte sie noch hervor und fasste sich an die Stirn, woraufhin sie ihr Gesicht in ihren Händen verbarg und immer noch leise lachte.
Schließlich verklang es langsam, und als sie ihren Kopf wieder hob grinste sie nur noch.

Entschuldige, ich lache wohl gerade selber über mich. Ich weiß selbst nicht was mit mir los ist...
Ich meinte ob du irgendeine Verbindun aus deinem bisherigen Leben mit einem Schatten,... oder diesem Schatten hattest. Irgendeine Verbindung? ich weiß es ja selbst nicht.

Naja... der Schatten hatte in der Erinnerung einen Dolch in der Hand und...

Mieron rief sich das Bild noch einmal ins Gedächtnis. Seine Augen weiteten sich, dann kniff er sie wieder zusammen. Unbewusst fasste er sich an die linke Schulter und stieß ein leises knurren aus. Was hatte das zu bedeuten?! Was hatte dieser Schatten mit Nékan zu tun? Und was brachte diese beiden mit Naitos Tod in Verbindung.

Einen Dolch? Also, ganz ehrlich, ich kann damit nichts anfangen...

Lacrima seufzte und lies sich wieder zurück fallen. Das alles war ihr viel zu verwirrend und sie hatte keine Lust nachzudenken. Zudem kannte sie Mieron kaum, was ihr es nicht leichter machte ihm zu helfen. Etwas wütend über sich selbst starrte sie wieder weg.

Weißt du was? ich würde vorschlagen das du das erstmal wieder vergisst, bevor du dir daran den Kopf zerbrichst oder so... Denk an was anderes... an etwas, was dir nicht so den Kopf durcheinander bringt.

Sie versuchte sich an einem Lächeln, scheiterte aber allem anschein daran, und so sah sie einfach wieder weg.

Mieron zog den Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel und ließ ihn zwischen sich und Lacrima in die Erde fahren.

Ich würde ja aufhören, darüber nachzudenken, wenn es nicht genau dieser Dolch gewesen wäre...

Mieron hatte die andere Hand immer noch auf der linken Schulter ruhen und fuhr die Ränder seiner seltsam geformten Narbe entlang, über die er ebenfalls nichts wusste, nicht einmal, woher er sie hatte.

Lacrima hatte gerade ihre Augen geschlossen und öffnete nun wieder ein Auge und starrte auf den Dolch hinab. Etwas.... verwirrtes und etwas was sie nicht beschreiben konnte, machte sich in ihr breit.

Ööhm... Okay, das ist merkwürdig... Aber dann muss das Ganze ja doch was mit dir zutun haben... oder vielleicht irgendetwas was dir mal passiert ist? Oder passuieren wird? Vielleicht lernst du den Schatten ja kennen oder so? ... Ach ich weiß auch nicht.

Das ganze war doch merkwürdig, und Lacrima hätte das Thema gerne wieder fallen gelassen, doch Mieron schien es wichtig zu sein...

Tja, nur den Dolch gebe ich niemals jemand anderem... das wäre mehr als verhängnisvoll...

entgegnete er und steckte den Dolch wieder ein. Noch etwas verwirrte ihn. Warum hatte dieser Schatten das selbe Zeichen auf dem Handrücken, wie er auf der Schulter? Das war doch mehr als eigenartig.

Lassen wir das jetzt...

meinte Mieron, da er spürte, dass die Vampirin das Thema fallen lassen wollte.

Dir behagt es nicht über Schatten zu sprechen, nicht wahr?

erkundigte er sich vorsichtig und drehte sich zu Lacrima auf die Seite, sodass sie vielleicht das Zeichen auf seiner Schulter erahnen konnte, aber das war ihm egal.

Lacrima zuckte etwas unbeeindruckt mit den Schultern. Sie überlegte kurz.

Naja... Ich rede nicht oft über Schatten.. Aber würdest du mir jetzt irgendwas über diese Dinger erzählen oder so, wäre das was anderes, aber hierbei muss ich so nachdenken und das ist schwierig für mich, da ich fast nichts über dich weiß.... Aber vermutlich hast du recht, ja.

Sie merkte wie Mieron sie wieder ansah, und sie richtete sie ihren Blick auch wieder auf Mieron, soweit man noch seine Gestalt erahnen konnte, denn langsam wurde es wirklich dunkel.

Tja...

meinte Mieron knapp und lege Lacrima die Hand an die Wange.

Du wolltest noch wissen, wer Naito ist...

Mieron schluckte trocken und schwieg einige Augenblicke, dann erklärte er langsam.

Naito... ist...war meine Tierseele... bevor... er umgebracht wurde...

Lacrima schaunte erstaunt auf, machte aber keine Bewegung da sie Angst hatte Mieron würde seine Hand weg nehmen.

Deine Tierseele`??? Heißt das... du warst.. bist ein Siluneé???

Das alles wurde doch immer verrückter...

Er wurde umgebracht?! Oh man, Mieron das tut mir leid....

Irgendwie fühlte sie mit ihm... es war merkwürdig und doch irgendwie ganz ... Ja, selber konnte sie nicht sagen was das nun ist...
Sie war verwirrt und gleichzeitig irgendwie traurig.

Ja... ich WAR ein Syluner... jetzt... bin ich ein gefühlloses Monster...

meinte Mieron und strich vorsichtig über Lacrimas Wange.

Ich vermute, dass er umgebrach wurde... ich kann mir aber nicht sicher sein...

fügte er noch hinzu und suchte den Blick der Vampirin. Gott sei dank hatte er sich von der Trauer über Naito schon lange abgekapselt, sonst wäre er jetzt wohl in Tränen ausgebrochen...

Lacrima schüttelte leicht mit dem Kopf.

Nein, du bist kein gefühlsloses Monster... Das kann ich mir nicht vorstellen, sonst würden wir hier nicht so sitzen...

Vorsichtig lächelte Lacrima, sie wollte nicht das Mieron verärgert war, denn wenn er auf Abstand ging, fühlte sie sich alleine, und zurückgelassen. Sie hatte diese Gefühle lange nicht mehr verspürt, und war froh darüber das sie sowas überhaupt noch fühlen konnte.

Also, du weißt es nicht? Ist er denn tot oder vermutest du das er tot ist?

Er ist tot... aber... ich war nicht dabei, als er gestorben ist...

Wut auf sich selbst kochte in Mieron über und er knurrte laut auf.

Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen! Das ist alles meine Schuld!!!

zischte er. Seine Stimmung schlug augenblicklich von Wut in Trauer, die er jedoch sofort mit der Kalten Maske abschirmte.

Tut mir leid...

murmelte er und strich der Vampirin ein Haar aus der Stirn.

Lacrima schaute Mieron verständnisvoll und zugleich erschüttert an. Es war ja klar, das er sauer und traurig war, das seine Tierseele tot war, welcher Syluner war das nicht? Aber er durfte sich doch nicht die Schuld daran geben!

Mieron, du darfst dir doch nicht dafür die Schuld geben!

Vorsichtig griff sie nach Mieron Hand, die mit der er gerade in ihrem Gesicht zugange war. Kurz zögerte sie noch, dann nahm sie sie in die ihre und legte beide sanft im Gras ab, lies Mierons Hand aber nicht los.

Schuld könntest du dir geben, wenn du ihn selber umgebracht hättest, aber das hättest du doch nie getan, ich meine, er war deine Tierseele! Und du kannst ihn doch nicht immer beschützen... Geb dir nicht die Schuld daran, ja?

Ich hätte aber früher dasein müssen, ich hätte mich nicht so weit von ihm entfernen dürfen, ich hätte versuchen sollen ihn wieder zu beleben, ich hätte damals wenigsten mit ihm sterben sollen...
Und was ist passiert?!

zischte er wütend.

Ich bin zu spät gekommen! Und als er halb tot in meinen Armen lag, habe ich nichts getan, bin einfach nur dagesessen!! Ich habe mich nicht gerührt! Habe einfach zugesehen, wie er starb!

seine letzten Worte gingen in seinen leisen Tränen unter, die ihm unablässig über die Wange rannen.
Es war gut mit jemandem darüber zu reden. Andererseits, warf das nun all den Selbsthass auf, der sich in ihm aufgestaut hatte.

Vorsichtig wischte Lacrima Mieron die Tränen weg, die sein gesicht runterliefen. Er tat ihr leid, ja wirklich, sehr leid sogar. Traurig schaute sie zu ihm.

Ich denke mal, du standest unter Schock, da sind die meisten nicht in der Lage sich zu bewegen. Was glaubst du wie es war, als der Vampir meine Eltern umgebracht hatte?! Ich saß in einer Ecke und habe nichts gemacht, gar nichts. Und als er auf mich zukam, hab ich nichts gemacht, weil ich mich eben nicht bewegen konnte. Und dann? Dann hat er mich verwandelt.
Was ich damit sagen will, ob ich mich nun bewegen konnte, oder nicht, ich hätte doch sowieso nichts unternehmen können, und vielleicht war es ja genauso bei Naito. Vielleicht konntest du ihm gar nicht mehr helfen...

Lacrima sprach leise, sanft, in der Hoffnung das Mieron sich beruhigen würde.

Mieron blinzelte die restlichen Tränen verärgert weg. Schnell hüllte er sich wieder in den kalten Schleier aus Eis und gefühllosigkeit.

Möglich...

meinte er kühl und richtete sich auf. Er fasste sich an den Hals, doch seine Wunde war bereits verschwunden. Mierons Züge waren nun gänzlich von einer Maske aus kaltem Schatten eingehüllt. Er war wieder so, wie er schon seit langem war. Abweisend, gefühlskalt, verletzend, verletzt und vor allem verbittert.

Lacrima sah zu Mieron. Ihr Gesichtsausdruck war immer noch besorgt. Sie hatte das Gefühl das Mieron das Ganze am Liebsten verdrängte, es war demnach auch kein Wunder das er oft einfach nur kalt und verbittert war, wenn er seinen ganzen Ärger nur herunter schluckt.

Bist du vielleicht müde, oder willst du weiter gehen? Wir... das heißt du, kannst auch gerne schlafen oder so...

Sie versuchte einigermaßen wieder mit Mieron ins Gespräch zu kommen, owbohl es wohl eher nutzlos war.

Mieron schüttelte nur knapp den Kopf.

Gehen wir weiter...

mit einer fließenden Bewegung war er auf den Beinen, sein Blick war gen Horizont gerichtet, wo das letzte Sonnenlicht verschwand. Ein grimmiges Lächeln zog sich über Mierons Lippen. In der Menschenwelit hätte er jetzt wohl die Kontrolle verloren.
Er zuckte mit den Schultern, vergrub die Hände in den Manteltaschen und stapfte los.
Kalter wind pfiff ihm um den nackten Oberkörper, doch das störte ihn nicht wirklich.

Lacrima nickte kaum merklich und rappelte sich ebenfalls auf. Ihre Jacke fehlte ihr, sie wusste nur nicht wieso, denn eigentlich brauchte sie ihre Jacke ja gar nicht. Vielleicht war es ja einfach ihre Gewohnheit sie zu tragen.
Langsam schritt Lacrima los, zwischen ihr und Mieron hatte sich inzwischen eine große Lücke gebildet. Es störte sie aber nicht, denn Mieron war anscheinend gerade nicht gewollt zu reden, und so ging sie lieber halbwegs alleine, anstatt sich knappe Antworten anzuhören.
Auf jedenfall ging es ihr jetzt besser, und sie war fast glücklich, glücklich darüber das die Sonne unterging, die Nacht mochte sie nämlich sowieso lieber. Die Sonne konnte ihr zwar nichts tun, allerdings konnte sie sich nicht damit anfreunden.

Mieron biss sich auf die Lippe. Er war ja wieder einmal sehr freundlich. Aber normalerweise störte ihn das nicht... was war denn jetzt auf einmal wieder los mit ihm? Er stapfte noch einige Schritte weiter, währenddessen kaute er nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Plötzlich war ihm die Kälte unangenehm, die ihn einhüllte. Er strich an der glatten Rinde eines Baumes entlang und blieb stehen. Einige Augenblick lang blieb er einfach reglos stehen, dann drehte er sich zu Lacrima um. Er ging mit zögernden Schritten auf sie zu.

Was tue ich denn jetzt schon wieder?

fragte er sich selbst in Gedanken, während er die Vampirin vorsichtig gegen einen Baum schob. Nicht so wie er es getan hätte, wenn er sie hätte beißen wollen. Sondern sanft.
Sein Gehirn hatte sich irgendwie abgeschaltet, und arbeitete nur noch auf Sparflamme, deshalb konnte er sich nicht darauf konzentrieren, dass er das nicht tat, was auch immer er vorhatte...
Es kam ihm vor, als würde ihn wiedereinmal der Dämon steuern, doch es war eindeutig er selbst, der das tat...
Vorsichtig legte er die Lippen auf die der Vampirin.

Eigentlich hatte Lacrima ja nicht damit gerechnet das Mieron zu ihr gehen würde, noch das er sie so sanft anfassen würde, und schon gar nicht hätte sie damit gerechnet das er das tat, was er da wirklich gerade tat! Er küsste sie! Und sie? Sie machte nichts! Eigentlich hätte sie ihn ja von sich geschoben und ihn vielleicht zefetzt, aber ihr Körper wollte ihrem Verstand nicht gehorchen, und so stand sie da, am Baum gelehnt und erwiderte den Kuss sogar!
Was war los mit ihr?!

Mieron löste sich von der Vampirin, verharrte jedoch noch über ihrem Gesicht. Sein atem ging stoßweise und sein Kopf schwirrte, ob vor Glück, oder vor Verwirrung darüber, was er da gerade getan hatte und immer noch tat, und außerdem war er absolut verwundert darüber, dass die Vampirin den Kuss erwidert hatte. Er hätte sich vermutlich entschuldigt, wenn er ein Wort herausgebracht hätte, aber er war sich sicher, dass er im Moment keinen zusammenhängenden Satz bilden konnte. Stattdessen setzte er sogar noch eines drauf und legte seine Hand um die Taille der Vampirin. Mit der anderen stützte er sich neben ihr am Baum ab.
Seine Augen suchten ihren Blick.

Einen Moment hielt Lacrima ihre Augen nur geschlossen, atmete nicht, rührte sich nicht. Sie stand dort, als sei sie tot. Als sie allerdings Mieron atmen hörte, was eine Weile dauerte, da ihre ganzen Sinne sich regelrecht abgeschaltet hatten, öffnete sie ihre Augen wieder.
Vorsichtig und immer noch etwas wie betäubt, schaute sie ihn an. Sein Gesichtsausdruck wies keine Gefühlsregung auf, die Lacrima deuten könnte.
Sie konnte immer noch nicht fassen das der Dämon sie wirklich geküsst hatte, sie konnte immer noch nicht glauben das sie den Kuss erwidert hatte. Aber es WAR passiert!
Langsam suchte sie nach den richtigen Worten, durchforstete ihren benebelten Verstand.

Was.... war... das?,

flüsterte sie.

Ich weiß... es nicht...

entgegnete Mieron, die Worte kamen ihm nur schwer über die Lippen, sein Verstand wollte immer noch nicht so recht arbeiten. Seine Lippen waren immer noch sehr nah an denen von Lacrima und er konnte ihren kalten Atem im Gesicht spüren.
Ein versonnenes Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er ließ seine Hand an Lacrimas Taille nach oben wandern, bis er schließlich anihrer Wange angelangt war.

Lacrima lächelte leicht. Sie war irgendwie glücklich, verwirrt, und wohl alles was man so fühlen konnte, und konnte mit diesem Gefühlschaos nur wenig anfangen.
Sie konnte es allerdings nicht lassen und gab Mieron noch einen Kuss auf die Lippen, allerdings einen kurzen, flüchtigen und eher schüchternen Kuss. Dennoch, es war für sie ein ziemliches durcheinander.
Langsam lies sie ihren Kopf nach vorne fallen und legte ihn an Mierons Brust. Zufrieden schloss sie die Augen.