Im Schatten von Miami

Lacrima, die ihre Kauerhaltung aufegebe hatte, nickte kurz und schnappte sich Silura, die gerade zu Mieron gehen wollte. Ohne ein weiteres Wort hob sie die Kleine hoch und verlies das Zimmer. Irgendwie war es falsch Mieron mit seinem Bruder alleine zu lassen, aber wenn er es so wollte, dann war es wohl besser so. Sie würde in der Nähe bleiben um einzuschreiten. Wobei sie auch weiter weg gehen konnte, und immer noch das Gespräch mithören konnte.
Schnell verlies sie das Haus und lief zu ihrem. Es war nicht so weit entfernt, sodass sie das Geschehen bei voller Konzentration noch mit bekommen konnte, und doch weit genug weg um Silura in Sicherheit zu bringen.
Als sie endlich ankam, sprang sie durch ein geöffnetes Fenster im 1. Stock. Sobald sie Boden unter sich spürte, setzte sie Silura ab.

Entschuldige, aber es ist wohl besser so,

sagte sie.

Ach wie süß, Mieron konnte sich kaum von der nichtsnutzigen Kleinen trennen... und sie sich nicht von ihm... Doch schließlich erledigte das die Vampirin, indem sie das nervige Mädchen mitnahm, als sie verschwand.
Ichiru richtete sich wieder auf, blieb jedoch wachsam. Fürs erste würde er Mieron nicht weiter reizen können… Sein Blick richtete sich auf die Pistole, die er achtlos fallen gelassen hatte. Er schlenderte hin und hob sie auf. Dann betrachtete er sie eingehend, ließ sie von der einen Hand in die andere und wieder zurück gleiten.

Was hast du die ganze Zeit über getrieben?

Fragte er unvermittelt und wie nebenbei. Seine Augen blitzten kurz auf, als er Mieron wieder ansah, ansonsten blieb seine Miene kalt.

Nicht viel...sonst hätte deine Vorsitzende es bestimmt erfahren...

meinte er gehässig. Er konzentrierte sich, nachdem Lu weg war wieder voll und ganz auf seinen Bruder. Die kleine Gestaltwandlerin hatte aufgeqitscht, als Lacrima sie mitgenommen hatte, sie hatte Angst vor der Vampirin. Jetzt war sie bei der Fremden in der Wohnung und beobachtete sie mit großen Augen.

Warum?

fragte sie unvermittelt.

Warum hast du mich nicht bei Mieron gelassen?!

der kleinen stiegen die Tränen in die Augen.

Lacrima verddrehte innerlich angenervt die Augen. Eigentlich hätte sie es sich auch selber denken können. Doch von außen gesehen lächelte sie mild.

Hör zu, ich weiß du hast Angst vor mir, ich weiß nicht wieso, aber es ist so. Aber für´s erste musst du hier bleiben. Keine Sorge, Mieron wird nichts passieren, er kann gut kämpfen, aber er wird seinem Bruder nichts tun. Okay? Und falls etwas passieren sollte, dann werde ich Mieron helfen, ich kann sie nämlich noch hören. Aber bitte vertraue mir für´s erste. Ich werde dir wirklich nichts tun, das schwöre ich dir. Mieron hat dich gerne und ich möchte mich nicht wieder mit ihm anlegen. Und ich trinke auch kein Blut von so süßen Mädchen, ja?

Lacrima beendete ihren Redeschwall und versuchte freundlich zu schauen. Sie blieb weiterhin auf Abstand um sie nicht zu beunruhigen. Langsam ging sie in die Hocke.

Möchtest du etwas Essen oder Trinken?

Aber... Mieron... er will doch sterben...

meinte sie und erneut rannen ihr Tränen aus den Augenwinkeln. Sie spürte es, durch eine tiefe Verbindung. Auch wenn diese sich schmerzhaft anfühlte und viel weiter zurückzureichen schien als Lu es jemals hätte erahnen können. Außerdem war diese Verbindung blutbefleckt. Sie hatte sich tief in Lus Herz eingebrannt, in den letzten Minuten... vermutlich auch die letzten Minuten in denen sie Mieron lebend sah, so wie sie seinen Wunsch nach dem Tod einschätzen konnte...
Die Frage von der Vampirin, ob sie etwas essen oder trinken wollte überhörte sie...

Lacrima lies sich nach hinten weg fallen. Ja, wahrscheinlich wollte er sterben. Aber wenn er die Kleine so sehr mochte, konnte er ihr das doch nicht antun. Nein, wenn er sich nur an sie erinnerte, dann würde er nicht sterben, da war sie sich sicher.

Silura. Er wird nicht sterben. Das verspreche ich dir. Ich werde, sobald mir etwas komisch vorkommt Mieron helfen, und sei es, das ich vor den Lauf der Pistole springe. Okay? Aber bitte hör auf zu weinen. Mieron hat dich doch auch gerne, und wird dir das nicht antun das er stirbt.

Warum hatte sie das gesagt? Würde sie wirklich davor springen? Naja, sie konnte es ja nur sagen um Silura zu beruhigen.
Ja, es war schon merkwürdig, das sie trotzdem darüber nachdachte, obwohl sie doch eigentlich einen tiefen Hass gegenüber Mieron hegen müsste, wollte sie ihm helfen. Warum?

Silura wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und meinte mit bebender Stimme

Aber...wenn er das will, dann...

Lu wusste nicht wieso, aber sie wollte selbst, dass Mieron dieser Wunsch erfüllt wurde, auch wenn es noch so weh tat...
Sie verwandelte sich in einen Kojoten und rollte sich auf dem Boden zusammen.

Mieron...

wimmerte sie leise und erneut rannen ihr Tränen über die pelzigen Wangen.

Lacrima konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen.
Warum zog sie immer die Leute an, die sie in depressive oder genervte Stimmungen zogen?
Aber langsam wurde es zu Wut. Sie konnte es der Kleinen nicht übel nehmen das sie ihn vermisste und Angst um ihn hatte, aber sie hatte das Gefühl das Silura sich da etwas reinsteigerte.
Doch sie schluckte ihren Ärger herunter. Sie war doch ein Kind.

Was kann ich machen um dich wieder fröhlich zu machen? Vielleicht Süßigkeiten... oder irgendetwas. Egal was du willst ich gebs dir.

Bis auf das ich dich zu Mieron bringe.

Silura hörte der Vampirin nicht zu. Sie verstand das einfach nicht. Vermutlich dachte sie sowieso, dass Silura nur ein dummes Kind war. Sie stoppte den Tränenfluss, verwandelte sich wieder in einen Menschen und stellte sich ans Fenster, von dort aus versuchte sie hinauszuspähen, doch sie war zu klein um einen Blick hinaus werfen zu können.

Ich will zu Mieron...

flüsterte sie.
Lu kam sich vor als würde sie sich, je länger sie von dem Dämon entfernt war, mehr und mehr auflösen. Sie kam sich vor als würden ihre Kräfte in einen Strudel gezogen werden, aus dem sie nicht mehr herauskam. Ihre Gestalt began ebenfalls leicht durchscheinend zu werden. Ihr war klar, dass sie nicht ganz verschwinden würde, aber ihre erscheinung wurde immer Blasser.

Lacrima schüttelte leicht den Kopf.

Das geht jetzt nicht. Ich bin mir sicher, es wird nicht lange dauern und dann -

Abrupt hielt sie inne. Moment mal? Wurde sie durcheinend? Was war los?

Was ist denn mit dir los?

Lacrima war zwar froh das sie jetzt nicht mehr weinte, aber das war noch viel weniger beruhigend. Sie hatte soetwas noch nie gesehen.
Auch wenn Silura es wohl nicht wollte, hob sie sie hoch und trug sie vom Fenster weg. Sie setzte Silura wieder auf ihr Bett.

Sonst kommst du mir noch auf dumme Gedanken.

Silura blieb gehorsam sitzen. Ihre Kräfte schwanden immer weiter. Sie wurde immer blasser, bis sie nur noch ein kaum wahrzunehmendes Bild war.

Bring mich zu Mieron...

flehte sie mit schwacher Stimme. Sie sah der Vampirin tief in die Augen.

Lacrima sah Silura erschrocken an. Was war los mit ihr? Und warum löste sie sich sozusagen auf?
War es wirklich das Beste für sie wenn sie Silura wieder zu Mieron brachte? Es hatte angefangen als sie sie von Mieron weg getragen hatte, und seit dem fing das ganze an. Es war doch wirklich zum verrückt werden.

Ich muss wohl... aber es ist so gefährlich dort...

Noch einmal versuchte sie krampfhaft zu überlegen.

Okay, ich bringe dich zu Mieron, wenn du hinter der Tür bleibst oder in meiner Nähe, hast du verstanden? Wenn dir was zustößt bin ich so gut wie tot... und das bin ich sowieso bald-

Sie hielt inne. Das wollte sie jetzt eigentlich nicht sagen. Aber wahrscheinlich interessierte es Silura auch gar nicht.

Also, du bleibst bei mir, okay?

Vorsichtig hob Lacrima Silura hoch und lief mit ihr zurück, Silura fest umklammert.
Als sie durch die Haustür eintrat setzte sie sie ab.

Komm her, und bleib hier. Ist das nahe genug für dich bei Mieron?

Lu lächelte die Vampirin freudeschtrahlend an und stummer Dank huschte über ihr Gesicht, als sie begann wieder gänzlich sichtbar zu werden. Sie drehte sich zur Treppe um und schaute nach oben, dort war immernoch Mieron mit seinem Bruder, der ihn umbringen wollte... Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, als sie an die schwere Pistole dachte, die Ichiru in der Hand gehalten hatte, die er auf Mieron gerichtet hatte, mit der er wieder auf ihn zielen würde. Sie stellte sich an den ersten Treppenabsatz und lauschte angestrengt, sie konnte nicht viel hören... sie hörte die Atmung der Beiden, aber keinen Kampflärm und keine Schüsse, noch nicht...
Silura seufzte und ließ sich auf den Boden sinken. Sie überkreuzte die Beine und schaute mit wehmütigem Blick hinauf zu der Tür hinter der Mieron sich befand.

Lacrima nickte kurz als Silura sie freuedestrahlend anschaute, lies sie aber nicht aus den Augen. Für ihren Geschmack war sie schon zu dicht an dem ganzen Geschehen dran.

Verhalte dich bitte leise und laufe nicht nach oben. Ich denke zwar der Vampir hat uns schon bemerkt, aber wir wollen da ja nicht zwischen gehen, okay?

Vorsichtig ging sie auf Silura zu, blieb aber auf Abstand, stand aber noch nah genug um im Falle eines Falles einzuschreiten. Sie wusste das Mieron ihr das nicht gutheißen würde, und der Vampir hatte es irgendwie auf die Kleine abgesehen, und sei es nur um Mieron zu reizen. Das ganze war ihr nicht geheuer.

Silura warf einen kurzen Blick zu der Vampirin, die neben sie getreten war.

Okay...

murmelte sie leise und streich sich die langen Stirnfranzen aus der Stirn. Ihr Blick war wieder auf die Tür geheftet, die oben war, und von der aus eine starke Anziehungskraft ausging, weil Mieron dahinter war.

Woher kennst du Mieron eigentlich?

fragte sie. Sie musste sich irgendwie ablenken, damit sie nicht nach oben stürmte.

Lacrima nickte erneut, musste aber schlucken als Silura sie danach fragte woher sie Mieron kannte. Unwillkürlich ballte sie ihre Hände zu Fäusten und wandte den Blick scharf ab.
Sie konnte einer kleinen Gestaltenwandlerin doch wohl schlecht die Wahrheit sagen. Das Mieron sie verfolgt hatte, von ihrem Blut getrunken hatte und sie töten wollte. Weil der Dämon in ihm so sehr ihr Blut wollte, ihren Geruch mochte. Ja, fast begehrte. Selber wusste sie nicht was so besonderes an ihrem Geruch war, aber anscheinend war er das.
Lacrima schaute noch einmal kurz auf, dann fiel ihr Blick zu Boden.

Ich glaub nicht das du das wissen möchtest,

sagte sie leise. Wenn sie das erzählen würde, würde sie Mieron dann nicht mehr mögen? Es war nicht gut, denn Mieron schien in ihrer Gegenwart... glücklich zu sein,

Doch, ich will es wissen!

protestierte Lu, sie wäre beinahe zu laut geworden. Sie sah der Vampirin tief in die Augen und legte den Kopf schief. Sie erhob sich und ging ein wenig auf die Vampirin zu. Sie stellte sich vor sie und legte den Kopf in den Nacken.

Bitte...

Lacrima schaute auf. Sie wollte es wirklich wissen? Sie wusste ja gar nichts...

Mieron wird mich wahrscheinlich dafür umbringen...

Sollte sie wirklich? Aber irgendwie hatte sie das Gefühl Silura hatte ein Recht darauf.
Wieder wandte sie den Blick ab.

Ich hab Mieron nachts kennen gelernt, es war mehr ein Zufall, aber er war... nicht so wie jetzt gerade. Verbittert und forsch. Als ich gehen wollte ist er mir hinterher gelaufen und hat mich bedroht. Es ging die ganze Zeit so weiter. Immer wenn wir uns begegnet sind, hat er mich verfolgt. Und eines Tages ist er in Gestalt einer Katze zu mir nach Hause gegangen. Ich habe meine Freundin weggesperrt und Mieron war kurz davor mich auszusaugen. Der Dämon in ihm lächzt vor allem nach meinem Blut und meinem Geruch. Doch meine Freundin hat ihn gestört. Daraufhin hat er sie getötet und kurz darauf hat er Blut von mir getrunken und wurde angeschossen. Ich weiß nicht wieso, aber ich hab ihm geholfen und ihm Blut von mir gegeben. Als Gegenleistung hat er meine Freundin wiederbelebt...
Das heißt.. Kurzum : Mieron will mich töten.

Während des Gesprächs spannte sie sich immer mehr an, schaute nicht einmal auf.

Silura schüttelte langsam den Kopf.

Nein MIERON wolltedich nicht töten, da bin ich mir ganz sicher...

Ja, da war sie sich ganz sicher. Mieron würde soetwas nie tun, niemals, niemals, nie... Das wusste sie, ihr Herz sagte es ihr, ihre Seele sagte es ihr. Ihre Seele, die ihm gehörte, das hatte sie schon immer. Das war Lu jetzt klar. Sie strich unbewusst über die Stelle wo ihr Herz lag und sehnte sich nach Mieron.

Lacrima lächelte schwach. Ob Mieron sie töten wollte, oder der Dämon in ihm, was machte das nun für einen großen Unterschied? Mieron lies sich doch ohne weiteres dazu verleiten.

Es ist schön, das du so zu Mieron hällst.

Sagte sie schwach und drehte sich weg. Sie hatte sich nie direkt vor dem Tod gefüchtet... Aber jetzt? Jetzt hatte sie Angst. Wovor, das wusste sie nicht. Aber es machte sie schwach, verletzlich, betrübt.

Aber sieh es mal so : Mieron lässt sich bei mir sehr stark dazu verleiten. Er meinte er hatte sich lange gut unter Kontrolle, aber bei mir nicht. Glaubst du wirklich das es der Dämon alleine ist, der mich töten will?

Mieron überging Lacrimas Frage und ein breites Grinsen zog sich über ihre Lippen. Ihr war zwar eingentlich nicht nach grinsen zu Mute, aber sie erkannte etwas im Blick der Vampirin, der ihr dieses freche Lächeln aufs Gesicht zauberte.

Du magst ihn, nicht wahr? Du magst ihn wirklich sehr?

meinte sie wissend und ihr Grinsen wurde noch breiter.

Lacrima drehte ihren Kopf abrupt zu Silura.

Wie kommst du darauf?

Eigentlich war es ja unhöflich auf eine Frage mit einer Gegenfrage zu antworten, aber Lacrima wunderte sich gerade ziemlich warum Silura das fragte. Mochte sie ihn? Es war ja eigentlich absurd jemanden zu mögen der einen umbringen wollte. Oft unhöflich zu ihr war.... und doch war sie sich nicht sicher ob sie Mieron wirklich hassen könnte.

Ich weiß es nicht...

Gab sie schließlich zu, und das stimmte auch.

Lu grinste breit. Ihre Augen blitzten wissend auf und sie meinte:

Mieron hasst dich auch nicht so sehr, wie du denkst...

meinte sie und lehnte sich gegen den Pfosten des Treppengeländers. Ihr Blick schweifte wieder zu der Tür und sie seufzte leise. Immernoch war alles still. Sie schlug die Augen nieder und blinzelte die Tränen weg, die ihr wieder in die Augen stiegen.

Lacrima lachte leise.

Woher willst du das wissen das er mich nicht hasst? Du kennst ihn doch erst seit ein paar Minuten, oder?

Es war verwirrend. SIE war verwirrend. Was ging hier vor? Warum tat sie so als würde sie in Mieron hinein gucken können? Als sei sie seine Gedanken... seine Seele.
Lacrima folgte ihrem Blick nach oben zur Tür. Ja, sie machte sich sorgen. Ja, sie würde Mieron retten, selbst mit ihrem Leben. Aber wieso?

Ich weiß, aber es kommt mir so vor, als würde ich ihn seit Ewigkeiten kennen... und wäre nur, ...von ihm getrennt worden...

meinte Lu zögernd. Sie strich sich durch die Haare und spielte mit einer Strähne. Ja, es kam ihr wirklich so vor, als würde sie Mieron sehr lange Zeit schon kennen und an einem dunklen, trostlosen Ort von ihm getrennt gewesen war.